15 Apr

Bertha in der „Freien Presse“


Altes Milchschaf bringt Lämmer zur Welt

Eigentlich sollte das Tier vor dem Winter geschlachtet werden. Doch kurz vor Ostern hat es Junge bekommen – mit Hilfe vieler Hartmannsdorfer.

(Von Bettina Junge
erschienen in der „Freien Presse“ Chemnitz am 15.04.2017)

Hartmannsdorf. Das Milchschaf Bertha wuchs bei einem Landwirt in der Region auf und hat schon viele Lämmer zur Welt gebracht. Mit 14 Jahren sollte es aus Alters- und Platzgründen ausgemustert werden. Davon hörte ein Hartmannsdorfer Verein, der sich für das Tierwohl einsetzt. „Bertha hat es verdient, ihre noch verbleibende Lebenszeit in Würde und Frieden zu verbringen und nicht statt dessen ihren Metzger zu treffen“, sagt Burkhard Werner, der gemeinsam mit seiner Frau Kerstin Pöschel den Verein „Mu(h)t zum Gras, is(s) tierleidfrei“ gegründet hat.
Das Paar kaufte die ehemalige Fleischerei Heil an der Unteren Hauptstraße und zog mit dem jetzt vierjährigen Sohn Theodor in den Bauernhof unweit des Rathauses ein. Nach und nach bevölkerte sich der Hof mit Tieren, die allesamt vor dem Tod gerettet wurden, sagt Kerstin Pöschel, die wir ihr Partner als Lehrer an der Euro-Akademie künftige Altenpfleger, Erzieher, Sozialassistenten und Heilerziehungspfleger unterrichtet. Bei einem Tierprojekt befassten sie sich intensiver mit dem Thema Tierwohl. Bei einem Wettbewerb gewannen sie ein Preisgeld. Ein Teil wurde verwendet, um eine Kuh freizukaufen, die nicht mehr genügend Milch gab und geschlachtet werden sollte.
Ähnlich sollte es jetzt dem altersschwachen Milchschaf ergehen. Der Verein sammelte Geld. Bei der Aktion kamen knapp 1300 Euro zusammen. Allerdings war das Geld nicht nur für den Freikauf bestimmt – der Besitzer war froh, dass das alte Milchschaf noch eine Gnadenfrist erhalten sollte. Um eine Vereinswiese unweit des Bauernhofes in Hartmannsdorf herzurichten, wurde Geld für Futter und Einstreu gebraucht. „Aber auch der Tierarzt musste bezahlt werden“, sagt Werner.
Seit Weihnachten lebt das Tier mit 15 Hühnern, zwei Hähnen, zwei Windhunden, zwei Meerschweinchen und sechs Katzen auf dem Bauernhof. Noch ein zweites Schaf namens Lola wurde freigekauft, damit Bertha nicht so allein ist, so Werner.
Schon bald stellte das Paar fest, dass Bertha tragend ist. „Das ist wirklich ein Wunder der Natur“, sagt Kerstin Pöschel. Eigentlich hätte Bertha gar nicht mehr existieren sollen. Am Mittwoch brachte das 14-jährige Schaf zwei Lämmer zur Welt – ein weibliches und ein männliches. Am Sonntag zuvor hatte Lola einen kleinen Bock geboren. Über den Nachwuchs freut sich der gesamte Verein, der jetzt 20 Mitglieder zählt. Zum Gesundheitstag zu Ehren des Naturheilkundlers Friedrich Eduard Bilz am 16. Juni wird sich der Verein in Burgstädt vorstellen.